Seit einiger Zeit ist „Stealthing“ immer wieder Thema in diversen Medien und im Internet. Auch die deutschen Gerichte mussten sich in der Vergangenheit immer häufiger damit beschäftigen, ob das heimliche Abstreifen oder Weglassen des Kondoms beim Geschlechtsverkehr strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Dabei werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Meinungen über die Strafbarkeit vertreten, sodass zuletzt sogar der Bundesgerichtshof (BGH) als oberstes Gericht nun Stellung bezog.
Für Betroffene ist es erfahrungsgemäß ein großer Schock, wenn gegen sie der Vorwurf eines sexuellen Übergriffs in Form von „Stealthing“ erhoben wird und unter Umständen sogar eine Vorladung der Polizei ins Haus flattert. In diesem Artikel zeigen wir deshalb, was Stealthing bedeutet, welche Strafen drohen können und wie sich Beschuldigte im Idealfall verhalten sollten.
Sie werden einer Straftat beschuldigt? Als spezialisierte Strafverteidiger für Sexualstrafrecht unterstützen wir Mandanten gerichtlich wie außergerichtlich und verhelfen Ihnen dabei zu Ihrem Recht. Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Beratung.
Was bedeutet Stealthing?
Der Begriff „Stealthing“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „listig“. Stealthing bezeichnet im deutschen Sprachgebrauch sexuelle Handlungen, bei denen eine männliche Person während des Geschlechtsverkehrs heimlich das Kondom abzieht oder gar nicht erst überzieht, während der andere Sexualpartner davon nichts bemerkt und in dem Glauben gelassen wird, es handele sich um geschützten Geschlechtsverkehr.
Was ist an Stealthing verwerflich?
Entscheidend für den Tatbestand des sogenannten Stealthings ist häufig, dass der Mann den Wunsch des anderen Sexualpartners auf geschützten Geschlechtsverkehr (Safer Sex) missachtet und folglich ohne Einwilligung des anderen Partners den ungeschützten Geschlechtsverkehr vollzieht. Es handelt sich damit also um einen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung der anderen Person. Hinzu kommt, dass durch das Abziehen des Kondoms das Risiko auf die Übertragung von sexuell übertragbaren Krankheiten erhöht wird. Zudem besteht für weibliche Sexualpartnerinnen das Risiko einer ungeplanten und ungewollten Schwangerschaft.
Es ist irrelevant, ob es sich bei dem anderen Sexualpartner um eine Frau handelt. Alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, können Opfer von Stealthing sein. Der Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung und das Risiko für Sexualkrankheiten besteht auch bei gleichgeschlechtlichem Sex.
So können auch Frauen Stealthing begehen, wenn sie das Kondom heimlich und gegen den Willen des anderen Geschlechtspartners entfernen (etwa mit einem Frauenkondom), um gezielt schwanger zu werden.
Lässt sich Stealthing beweisen?
Wie bei den meisten Sexualstraftaten ist es schwierig, einen Fall von Stealthing oder einen sexuellen Übergriff zu beweisen. In der Regel gibt es keine Beweise dafür, dass ein solches Verhalten tatsächlich stattgefunden hat. In einem Strafverfahren kommt es daher in den meisten Fällen auf die Glaubwürdigkeit der Beteiligten an. So steht es dann meist Aussage gegen Aussage und die Richter entscheiden anhand der Qualität verschiedener Beweismittel, welcher Seite sie mehr Glauben schenken.
Dies bedeutet auch, dass sich für erfahrene Strafverteidiger gute Verteidigungschancen bieten. Denn gerade in einem “Aussage gegen Aussage”-Verfahren gilt weiterhin die Unschuldsvermutung für den Beschuldigten. Zweifelt das Gericht an dem Vorwurf, so läuft es unter Umständen auf einen Freispruch hinaus.
Werden Sie des Stealthings beschuldigt, sollten Sie sich daher an erfahrene Anwälte wenden, die gemeinsam mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie erarbeiten. Je früher eine Strafverteidigung im Strafprozess involviert ist, desto besser kann dieser Einfluss auf das Verfahren nehmen.
Kontaktieren Sie uns als erfahrene Strafverteidiger umgehend, wenn gegen Sie ermittelt wird. Wir sind 24 Stunden für Sie erreichbar:
- Büro: 0221/ 2991 8680
- +49 177 4647609 (Rosentreter)
- +49 173 4190444 (Scholz)
Ungeschützter Geschlechtsverkehr: Welche Straftatbestände erfüllt Stealthing?
Stimmt eine Person dem Geschlechtsverkehr nur unter der Bedingung zu, dass dabei ein Kondom verwendet wird, kann es sich beim Sex ohne Kondom um einen sexuellen Übergriff handeln (§ 177 Abs. 1 StGB). Denn dann stünde die ohne Kondom vorgenommene sexuelle Handlung dem erkennbaren Willen der betroffenen Person entgegen – so sieht es der Bundesgerichtshof (BGH-Beschluss vom 13. Dezember 2022, AZ: 3 StR 372/22). Es ist zu erwarten, dass die allgemeine Rechtsprechung dieser Rechtsauffassung folgen wird.
Gut zu wissen: Der Bundesgerichtshof hat darüber hinaus in seinem Beschluss erwähnt, dass auch eine Verurteilung wegen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 StGB) in Betracht kommen kann. Der Grund: Beim Stealthing liegt auch ein Eindringen in den Körper der anderen Person kommt. Bisher gab es jedoch lediglich Verurteilungen wegen einem sexuellen Übergriff.
Wichtig: Ein sexueller Übergriff liegt auch dann vor, wenn vorher ungeschützte Handlungen wie zum Beispiel Oralverkehr stattgefunden haben und es sich um grundsätzlich einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehandelt hat. Es kommt nur darauf an, ob das Gegenüber bestimmten sexuellen Handlungen und insbesondere dem Geschlechtsverkehr ausdrücklich nur unter der Bedingung zustimmt, dass ein Kondom verwendet wird. Nur dann findet der ungeschützte Geschlechtsverkehr ausdrücklich gegen den Willen des Sexualpartners statt.
Welche Strafen drohen bei Stealthing?
Bei einer Verurteilung wegen eines sexuellen Übergriffs müssen Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren rechnen. Bei einer Verurteilung wegen Vergewaltigung droht sogar eine Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren. Dann ist auch keine Bewährungsstrafe mehr möglich.
Zudem können auch zivilrechtliche Forderungen drohen, die unter Umständen auch in einem Strafverfahren verhandelt werden können. Geschädigten kann etwa ein angemessenes Schmerzensgeld zugesprochen werden.In der Regel erleiden Beschuldigte allein durch den Vorwurf eines Sexualdeliktes auch einen großen Reputationsschaden. Dieser kann langfristige Folgen für die eigene Karriere und auch das Privatleben sowie die Beziehungen und das nähere Umfeld haben. Der Vorwurf des Stealthings oder einer anderen Sexualstraftat sollte daher in jedem Fall ernst genommen und besonders diskret behandelt werden.
Zudem können auch zivilrechtliche Forderungen drohen, die unter Umständen auch in einem Strafverfahren verhandelt werden können. Geschädigten kann etwa ein angemessenes Schmerzensgeld zugesprochen werden.In der Regel erleiden Beschuldigte allein durch den Vorwurf eines Sexualdeliktes auch einen großen Reputationsschaden. Dieser kann langfristige Folgen für die eigene Karriere und auch das Privatleben sowie die Beziehungen und das nähere Umfeld haben. Der Vorwurf des Stealthings oder einer anderen Sexualstraftat sollte daher in jedem Fall ernst genommen und besonders diskret behandelt werden.
Tipps vom Anwalt – So verhalten Sie sich bei dem Vorwurf des Stealthings
Auch wenn viele Beschuldigte hoffen, dass sich der Vorwurf schon von allein erledigen wird, sollten sie diesen auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen und sich schnellstmöglich rechtliche Unterstützung suchen.
Wenn Sie eine polizeiliche Vorladung erhalten haben, sollten Sie niemals allein in der Polizeiwache erscheinen, um sich nicht selbst zu belasten. Gehen Sie am besten wie folgt vor, wenn Sie von einem Vorwurf gegen Sie erfahren:
- Bewahren Sie Ruhe.
- Kontaktieren Sie uns als erfahrene Strafverteidiger und lassen Sie uns das weitere Vorgehen besprechen.
- Folgen Sie keiner Vorladung ohne Anwalt. Ihr Anwalt wird eine Akteneinsicht einfordern, um herauszufinden, welche Beweise gegen Sie vorliegen.
- Verweigern Sie stets die Aussage – egal ob bei einer Vorladung oder einer Hausdurchsuchung.
- Kontaktieren Sie in keinem Fall die vermeintlich Geschädigten, Zeugen oder Mitbeschuldigte.
In unserem Artikel rund um das Thema Vorladung als Beschuldigter erhalten Sie alle Informationen, die Sie benötigen, wenn Sie eine Vorladung der Polizei erhalten.
In jedem Fall sollten Sie schnell reagieren und einen erfahrenen Strafverteidiger kontaktieren. Denn je früher Sie uns einschalten, umso mehr Zeit haben wir, eine geeignete Strategie zu erarbeiten und eine Verfahrenseinstellung oder einen Freispruch zu erzielen. Wir sind rund um die Uhr für Sie erreichbar. Nehmen Sie jederzeit Kontakt zu uns auf!
Was können Opfer von Stealthing tun?
Als Geschädigte sollten Sie in jedem Fall wissen, dass Sie nicht allein sind. Im besten Fall sollten Sie unverzüglich nach dem Vorfall einen Arzt aufsuchen und einen Abstrich machen lassen.
Auch wenn Sie sich erst später dazu entscheiden, Anzeige zu erstatten, haben Sie so wichtige Beweise gesichert. Sammeln Sie auch sonst Chatnachrichten und weitere Beweise, die Sie finden können.
Hilfe finden Opfer von Stealthing bei verschiedenen Hilfeeinrichtungen und Beratungsstellen. Es gibt keinen Grund, sich zu schämen oder die Schuld bei sich zu suchen. Sie sind nicht Schuld an dem, was Ihnen passiert ist.
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016
Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0800 123 9900
Auch als Geschädigte können Sie uns jederzeit kontaktieren. Gemeinsam finden wir eine Lösung.