Polizei-Festnahme: Verhaltenstipps für vorläufige Festnahme

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    Es ist ein großer Schock: Plötzlich steht die Polizei vor der Tür und führt eine vorläufige Festnahme durch. Für Beschuldigte wie Angehörige ist es ein denkbar prägender Moment, an den man sich nicht gerne erinnert. Was die meisten Menschen nur aus Film und Fernsehen kennen, wird schlagartig zur bitteren Realität. 


    Für Betroffene ist es wichtig zu wissen, wann die Polizei eine Festnahme durchführen kann. Doch wie sollten sich Beschuldigte in diesem Fall verhalten? Und in welchen Fällen geht die Polizei-Festnahme zu weit? In diesem Beitrag klären wir auf.

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    Polizei: Festnahme nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt

    Eine Polizei-Festnahme ist ein erheblicher Eingriff in die Rechte des Beschuldigten. Deshalb gibt es strenge Vorschriften, wann und aus welchen Gründen eine Verhaftung gerechtfertigt ist – und wann nicht. 

    Eine Liste an Delikten oder Straftaten, die eine Festnahme rechtfertigen, gibt es so nicht. Bei einer Festnahme durch die Polizei sind jedoch verschiedene Voraussetzungen einzuhalten.

    Festnahme aufgrund eines Haftbefehls

    In der Regel wird vor einer Festnahme ein Haftbefehl erlassen (§ 112 ff. StPO), der von der Staatsanwaltschaft beantragt wird und den dann ein Richter ausstellen muss. Einem Haftbefehl gehen meist Ermittlungen zu einer Straftat voran, bei denen sich ein dringender Tatverdacht gegen den Beschuldigten ergeben hat. 

    Voraussetzung für einen Haftbefehl sind: 

    • Ein dringender Tatverdacht, d.h., es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte die Straftat begangen hat,
    • Das Vorliegen eines Haftgrundes,
    • Ein Antrag der Staatsanwaltschaft.

    Neben dem dringenden Tatverdacht müssen folglich auch Haftgründe vorliegen, andernfalls darf eine Person nicht in Gewahrsam genommen werden. 

    Taugliche Haftgründe sind im Gesetz verankert: 

    • Flucht oder Fluchtgefahr,
    • Wiederholungsgefahr,
    • Verdunkelungsgefahr (damit gemeint ist das Vernichten von Beweisen oder Beeinflussen von Zeugen etc.).

    Ausnahmefälle: In bestimmten Ausnahmen können auch andere Haftgründe ausreichend sein, um eine Festnahme zu rechtfertigen. Solche liegen insbesondere bei schweren Straftaten wie Mord, Totschlag, sexueller Missbrauch von Kindern oder schwerer Brandstiftung vor (§ 112 Abs. 3 StPO). 

    Vorläufige Festnahme: Auf frischer Tat betroffen?

    Ohne einen Haftbefehl ist eine Festnahme nur dann gestattet, wenn eine Person auf frischer Tat betroffen ist, also beim Ausführen der Straftat erwischt wurde (§ 127 Abs. 2 StPO). 

    Eine solche Festnahme ist auch dann erlaubt, wenn Gefahr im Verzug ist und keine Zeit bleibt, einen Richter zu konsultieren, die Voraussetzungen für einen Haftbefehl jedoch gegeben sind. In beiden Fällen spricht man von einer vorläufigen Festnahme. Vorläufig deshalb, weil immer im Nachhinein ein Richter prüfen muss, ob tatsächliche Haftgründe vorliegen und eine Haft angemessen erscheint. Andernfalls muss der Tatverdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt werden. 

    Polizei-Festnahme: Welche Dauer ist erlaubt?

    Bei einer erfolgten Festnahme ist die festgenommene Person unverzüglich, spätestens am nächsten Tag (höchstens 24 Stunden) dem zuständigen Gericht vorzuführen (§ 115 StPO). Dann findet auch eine Vernehmung zu den Vorwürfen durch das Gericht statt. Das Gericht entscheidet dann, ob eine Freilassung oder die Unterbringung in Untersuchungshaft angeordnet wird. 

    Bei leichteren Taten (Freiheitsstrafe von bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen) kann die Untersuchungshaft nicht wegen Verdunkelungsgefahr angeordnet werden. Zudem gibt es Einschränkungen wegen einer Untersuchungshaft aufgrund von Fluchtgefahr

    Wird Untersuchungshaft angeordnet, ist diese in der Regel auf eine Dauer von 6 Monate beschränkt, wenn nicht vorher ein Urteil im Fall gefällt wird.  Liegt als Haftgrund Wiederholungsgefahr vor, so verlängert sich die Dauer auf 12 Monate

    Eine Verlängerung Untersuchungshaft auf mehr als 6 Monate ist nur möglich, wenn dafür ein besonderer Grund vorliegt, etwa besonders umfangreiche Ermittlungen oder besondere Schwierigkeiten (§ 121 StPO). Dies muss gesondert vom Gericht geprüft werden. 

    Festnahme mit Handschellen: Was darf die Polizei während Festnahme?

    Selbstverständlich darf die Polizei bei einer Festnahme nicht alles, die Verhaftung an sich ist schon ein erheblicher Eingriff in die Rechte der verhafteten Person. Die Polizei darf daher in keinem Fall übermäßige Gewalt anwenden. Daneben sind jedoch Festnahme-Methoden wie Handschellen die Regel und dienen dem Schutz aller. Eine Festnahme mit Handschellen ist also nicht nur erlaubt, sondern auch üblich.

    Aber auch formal muss die Polizei sich gesetzmäßig verhalten und die Rechte des Beschuldigten wahren. Dazu zählt, dass der Person eine Abschrift des Haftbefehls ausgehändigt werden muss (§ 114a StPO). Kann der Beschuldigte nicht im ausreichenden Maße Deutsch, so muss zudem eine Übersetzung überreicht werden. 

    Gleiches gilt auch für die Gründe der Verhaftung. Diese müssen in jedem Fall mitgeteilt werden, unter Umständen auch in einer anderen Sprache, die für den Festgenommenen verständlich ist. Dazu muss auch eine unverzügliche Belehrung über die eigenen Rechte erfolgen. 

    Diese sind: 

    • Beschuldigte haben ein Aussageverweigerungsrecht,
    • Beschuldigte müssen bereits vor der Vernehmung einen Strafverteidiger konsultieren dürfen,
    • Sie haben das Recht, eine Vertrauensperson zu benachrichtigen,
    • Beschuldigte haben das Recht, einen Antrag auf Beweiserhebung zur Entlastung zu stellen,
    • Spätestens nach 24 Stunden muss ein Haftrichter über die Untersuchungshaft entscheiden.

    Tipps vom Anwalt: So verhalten Sie sich bei einer Polizei-Festnahme

    Wenn Sie festgenommen werden, gibt es einige Punkte, die Sie unbedingt beachten sollten. Sollten Sie einer Straftat beschuldigt werden, sollten Sie sich unter Umständen schon einmal mit den folgenden Punkten vertraut machen: 

    1. Bewahren Sie Ruhe: Verständlicherweise handelt es sich bei einer Festnahme um eine Ausnahmesituation, bei der Emotionen eine große Rolle spielen können. Allerdings sollte Ihre Priorität darauf liegen, die Situation zu deeskalieren und nicht zu weiteren Zwischenfällen beizutragen. 
    2. Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch: Bereits bei der Verhaftung können Sie sich selbst belasten – auch unbewusst! Machen Sie deshalb keine Angaben, auch dann nicht, wenn Polizisten ein vermeintlich lockeres Gespräch anfangen möchten. 
    3. Bleiben Sie kooperativ: In jedem Fall sollten Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, jedoch müssen trotzdem Angaben zu Ihrer Person gemacht werden. Zeigen Sie sich in diesem Fall kooperativ, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Dazu zählen auch körperliche Auseinandersetzungen, Widerstand oder ein Fluchtversuch. 
    4. Machen Sie von Ihren Rechten Gebrauch: Neben dem Recht zu Schweigen sollten Sie unbedingt auch einen Strafverteidiger kontaktieren. So können wir frühzeitig eine effektive Verteidigung vorbereiten und auch durch die Aktenlage prüfen, ob die Festnahme und ggf. eine Untersuchungshaft rechtlich angreifbar ist. 

    Notieren Sie gerne unsere Notfallnummern, damit wir Sie rechtlich beraten und unterstützen können, wenn es einmal zu einer Polizei-Festnahme kommt.

    24h-Notfalltelefon:

    Egal wie Ihre individuelle Situation aussieht, melden Sie sich bei uns und wir finden gemeinsam eine Lösung!