Strafverteidigung: Wann brauche ich einen Anwalt?

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    Wird man einer Straftat beschuldigt, ist der Schock zunächst einmal groß: Wie verhalte ich mich richtig? Sollte ich zur Vernehmung erscheinen und mich erklären oder lieber schweigen? Mit welcher Strafe muss ich rechnen? Betroffene sehen sich mit vielen rechtlichen Fragen konfrontiert und wissen oft nicht weiter.

    Hier kommt die Strafverteidigung ins Spiel: Ziel einer erfolgreichen Strafverteidigung ist es, einen Freispruch zu erzielen oder zumindest die zu erwartende Strafe abzumildern. Wer frühzeitig einen Strafverteidiger hinzuzieht, kann unter Umständen die Einstellung des Verfahrens erreichen.

    Strafverteidiger sind Anwälte im Bereich des Strafrechts und verteidigen ihre Mandanten während des gesamten Strafverfahrens. In welchen Fällen es sinnvoll ist, einen Strafverteidiger zu mandatieren und welche Aufgaben dieser übernimmt, erklären wir Ihnen in diesem Artikel.

    Was ist Strafverteidigung?

    In einem Strafverfahren hat in Deutschland jeder Beschuldigte das Recht, einen Strafverteidiger hinzuzuziehen (§ 137 StPO). Der Strafverteidiger (oder auch nur „Verteidiger“) ist der rechtliche Beistand des Beschuldigten in einem Strafverfahren. Er unterstützt den Beschuldigten in den einzelnen Verfahrensstadien und weicht im gesamten Strafprozess nicht von seiner Seite.

    Neben dem Gericht und der Staatsanwaltschaft kommen Strafverteidigern eine größere Rolle im Strafverfahren zu –  dafür sind sie mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet. Sie können aktiv am Strafprozess teilnehmen, zum Beispiel Akteneinsicht einfordern, Zeugen einladen und weitere rechtliche Schritte im Interesse ihrer Mandanten einleiten. Wenn die Vorsitzenden des Gerichts bestimmte Maßnahmen ergreifen, die für die Leitung des Verfahrens notwendig sind, müssen sich alle Beteiligten daran halten – auch der Strafverteidiger.

    Jeder Angeklagte darf bis zu 3 Verteidiger im Strafverfahren benennen. In einigen Fällen kommen Pflichtverteidiger hinzu, die im Regelfall vom Gericht bestellt werden. Wenn Sie als gesetzlicher Vertreter eines Beschuldigten vor Gericht stehen, sind Sie zusätzlich dazu berechtigt, bis zu 3 Strafverteidiger zu mandatieren.

    Stehen Sie als Beschuldigter vor Gericht, so haben Sie zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens das Recht, einen Verteidiger hinzuzuziehen. Dies gilt auch für das Ermittlungsverfahren bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Wenn Sie also eine polizeiliche Vorladung erhalten und gebeten werden, zum Sachverhalt auszusagen, können Sie sich von Ihrem Strafverteidiger beraten und begleiten lassen.

    Checkliste: Polizeiliche Vernehmung

    • Sie sind nicht dazu verpflichtet, zur polizeilichen Vorladung zu erscheinen. Vermeiden Sie den Kontakt zu den Strafverfolgungsbehörden, bis Sie einen Strafrechtsanwalt gesprochen haben. 
    • Erscheinen Sie doch zur Vorladung, darf Ihnen die Polizei oder die Staatsanwaltschaft keine unzulässigen Maßnahmen androhen oder falsche Versprechungen machen
    • Eine erzwungene Aussage durch Misshandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose ist verboten.
    • Kommt es doch zu den genannten Fällen, darf die Aussage unter Umständen nicht mehr vor Gericht verwertet werden. In diesem Fall sollten Sie sich schnellstmöglich von einem Strafverteidiger unterstützen lassen.
    • Sie können jederzeit – auch während einer Vernehmung – erklären, einen Verteidiger bestellen zu wollen. In diesem Fall müssen die Beamten die Vernehmung sofort unterbrechen und Ihnen die Möglichkeit einräumen, einen Verteidiger zu kontaktieren. Die Vernehmung wird erst fortgesetzt, wenn der Verteidiger eingetroffen ist. 

    Vorladung erhalten? Wenden Sie sich direkt an uns für eine unverbindliche Erstberatung zu Ihrem individuellen Fall. Rufen Sie hierzu uns an:

    Pflichtverteidiger oder Wahlverteidiger: Was ist der Unterschied?

    Wenn Sie selbst einen Rechtsanwalt auswählen und diesen mit der Strafverteidigung beauftragen, handelt es sich um einen Wahlverteidiger. Sie haben zu jedem Zeitpunkt das Recht, einen solchen Verteidiger aufzusuchen und zu mandatieren.

    Auch im Fall der notwendigen Verteidigung, in welchem Sie sich zwingend anwaltlich verteidigen lassen müssen, können Sie sich einen Verteidiger frei aussuchen. Erfahrungsgemäß wird Ihnen hierzu vom Gericht eine angemessene Frist gewährt.

    Benennen Sie als Beschuldigter keinen eigenen Verteidiger, wird unter Umständen ein Pflichtverteidiger vom Gericht für Sie bestellt, etwa wenn Ihnen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr droht oder Sie nicht in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen. Der Pflichtverteidiger muss kein Fachanwalt für Strafrecht sein, es genügt jeder zugelassene Rechtsanwalt, der im Nachgang automatisch für Sie tätig wird.

    Welche Aufgaben übernimmt ein Strafverteidiger?

    Strafverfahren sind oft sehr komplex und für Laien schwer zu durchblicken. Ein Strafverteidiger hat daher zunächst die Aufgabe, seinen Mandanten über den Ablauf des Verfahrens, die Strategie und die bevorstehenden Schritte zu informieren und aufzuklären.

    Zudem achten Strafverteidiger darauf, dass die verfahrensrechtlichen Vorgaben eines Strafverfahrens von der Gegenseite eingehalten werden – und halten sich auch selbst daran, um Sanktionen zu vermeiden. Erfahrene Strafverteidiger erkennen Fehlverhalten und Prozessfehler und können diese vor Gericht rügen. Dabei sind sie immer dem Interesse ihres Mandanten verpflichtet.

    Strafverteidiger führen Beschuldigte durch das Strafverfahren, da sie als erfahrene Experten über die nötigen strafprozessualen Kenntnisse verfügen. Durch ihre meist langjährige Erfahrung in diesem Beruf können sie gut beurteilen, wann es beispielsweise sinnvoll ist, sich zu den Vorwürfen zu äußern und wann ein Beschuldigter besser schweigen sollte. Sie wissen, welche Anträge zu stellen und wo diese unter welcher Frist einzureichen sind.

    Im Regelfall fordern Strafverteidiger schnellstmöglich Akteneinsicht ein, um daraus wichtige Hinweise zum Verlauf des Strafverfahrens und zur Beweisführung der Staatsanwaltschaft ziehen. Die Einsicht in die Akte hilft dabei zu beurteilen, ob die vorliegenden Beweise für eine Anklage ausreichend sind und inwiefern sie widerlegt werden können. So können Argumente für einen Freispruch oder ein milderes Urteil zusammengetragen werden.

    Wie verhalte ich mich, wenn ich einer Straftat beschuldigt werde?

    Wenn Sie erfahren, dass sie gegen Sie ein Ermittlungsverfahren im Gange ist, sollten Sie zunächst eins tun: Ruhe bewahren. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie untätig bleiben sollten, unabhängig davon, ob sie zurecht beschuldigt werden oder unschuldig sind. Denn je nach Straftat droht bei einer Verurteilung eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Bei einigen Straftaten, zum Beispiel der Verteidigung von Sexualdelikten, ist zusätzlich Ihre Reputation in Gefahr.

    Viele Beschuldigte möchten die Vorwürfe gegen sich aus der Welt schaffen und ihren Standpunkt vor der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erläutern. Durch eine Aussage glauben sie, ihre Position verbessern zu können, indem sie sich kooperativ zeigen. Allerdings sollten Sie hier sehr vorsichtig sein!

    In den meisten Fällen bringen sich Beschuldigte in eine schlimmere Lage, wenn sie ohne vorherige Rücksprache mit einem Anwalt unüberlegt eine Aussage gegenüber den Behörden machen. Eine Aussage ohne klare Strategie und ohne Kenntnis über die Rechtslage kann Sie im Strafprozess stark belasten. Im Zweifel liefern Sie den Behörden Beweise und fördern damit eine für Sie nachteilige Verurteilung.

    Checkliste für Beschuldigte: So verhalten Sie sich richtig

    1. Wenden Sie sich frühzeitig an einen erfahrenen Strafverteidiger oder einen Anwalt für Strafrecht, der Sie bei Ihrem Fall unterstützt und individuell berät. Gerne übernehmen wir diese Aufgabe für Sie.
    2. Ihr Anwalt wird zunächst Akteneinsicht beantragen und prüfen, welche Strategie in Ihrem Fall aussichtsreich ist. Erst danach entscheiden wir gemeinsam, ob Sie eine Aussage machen sollten oder nicht.
    3. Nicht selten kommt es im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen zu Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen. Sollte dieser Fall eintreten, bewahren Sie Ruhe und verhalten Sie sich möglichst kooperativ, geben dennoch keine Gegenstände oder Daten freiwillig heraus. 
    4. Machen Sie in jedem Fall von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und lassen Sie sich zu den Terminen von einem Anwalt für Strafrecht begleiten. Ist dies nicht möglich, lassen Sie sich von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft eine Liste mit Strafverteidigern aushändigen.

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    Was passiert, wenn ich mich nicht von einem Anwalt verteidigen lasse?

    Sich selbst in einem gerichtlichen Verfahren zu verteidigen, birgt immer das Risiko, eine ungerechtfertigt hohe Strafe zu erhalten. Wer sich erfolgreich verteidigen will, benötigt nicht nur tiefgreifende Rechtskenntnisse, sondern auch ausreichend Erfahrung im Umgang mit juristischen Verfahren.

    Ein Strafverfahren ist ein komplexer Prozess, den Laien erfahrungsgemäß schwer durchblicken können. So kann es schnell passieren, dass sie Verteidigungschancen oder Rechtfertigungsgründe übersehen oder Strategien der Gegenseite nicht rechtzeitig erkennen. Auch Fehler des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft bleiben ihnen oft verborgen und wirken sich im Zweifel nachteilig für sie aus. 

    Gut zu wissen: Selbst wenn ein Beschuldigter die Straftat begangen hat, die ihm vorgeworfen wird, kann die Strafe ganz unterschiedlich ausfallen. In vielen Fällen sind bereits minimale Unterschiede im Tathergang, in der Argumentation oder in der Verteidigungsstrategie entscheidend, um eine Strafe abzumildern oder gänzlich aufzuheben. Eine gute Strafverteidigung kann das Strafverfahren daher stark beeinflussen und somit eine ungerechtfertigt harte Bestrafung verhindern.

    Wann brauche ich einen Strafverteidiger?

    Meist fragen sich Beschuldigte erst, ob sie einen Strafverteidiger hinzuziehen sollten, wenn sie bereits einer Straftat beschuldigt werden. In den meisten Fällen ist schnelles Handeln geboten, da es bei der Strafverteidigung darum geht, möglichst früh in das Verfahren einzugreifen und im Idealfall eine Einstellung zu bewirken.

    Unbedingt sollten Sie einen Strafverteidiger engagieren, wenn Sie

    • zu Unrecht belastet werden und die Einstellung des Verfahrens oder einen Freispruch anstreben,
    • einer schweren Straftat beschuldigt werden (Raub, Mord, Vergewaltigung),
    • einer Straftat beschuldigt werden, die spezielles Fachwissen erfordert (Steuerstraftaten, Wirtschaftsstraftaten, Insolvenzdelikte),
    • Ihre berufliche Zukunft gefährdet sehen,
    • im Bereich der Sexualdelikte beschuldigt werden,
    • Sin einen schweren Verkehrsunfall verwickelt waren, bei dem Personen schwer verletzt oder sogar getötet wurden.

    In diesen Fällen sollten Sie dringend rechtlichen Rat einholen, um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

    Häufig ist es aber auch ratsam, sich in weniger schweren Fällen sich mit einem Strafverteidiger auszutauschen und eine fachkundige Rechtseinschätzung einzuholen. Eine Rechtsberatung ist in der Regel sinnvoll, wenn

    • die Situation unübersichtlich ist und viele Zeugen involviert sind, die unterschiedliche Aussagen treffen,
    • Sie sicher gehen möchten, dass Sie im Strafprozess keine Fehler machen, die zu einem schlechten Ausgang des Verfahrens führen können,
    • Sie wegen kleineren Delikten beschuldigt werden, bei denen Sie sich rechtlich absichern möchten.

    Strafverteidigung: Welche Kosten kommen auf mich zu?

    Die Kosten für einen Strafverteidiger können sehr unterschiedlich ausfallen, denn sie sind abhängig von verschiedenen Faktoren. Rechtsanwälte rechnen in der Regel nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ab, aber auch individuelle Vereinbarungen sind möglich.

    Für die Höhe der Kosten ist zunächst entscheidend, ob es sich um einen Pflichtverteidiger oder einen Wahlverteidiger handelt. Die Gebühren für einen Pflichtverteidiger liegen ca. 20 % unter denen für einen Wahlverteidiger und werden teilweise vom Staat vorgestreckt.

    Bei einem Freispruch zahlt die Staatskasse grundsätzlichen die gesetzlichen Vergütungen für einen Strafverteidiger. Bei einer Verurteilung hingegen müssen Sie die Kosten des Verfahrens (also auch die Rechtsanwaltskosten der Gegenseite) tragen. Dies gilt auch für eine Pflichtverteidigung

    Im Zweifel können Beschuldigte Prozesskostenhilfe beanspruchen, um sich einen Strafverteidiger leisten zu können. 

    Kann ich schon einen Anwalt für Strafrecht einschalten, bevor ich beschuldigt werde?

    Wenn Sie glauben, dass Ihnen eine Anklage im Strafverfahren bevorsteht, hat dies meist einen Grund. Sie können sich in diesem Fall vorsorglich beraten lassen und ggf. eine Strategie erarbeiten, sollte es später zu einem Gerichtsprozess kommen. Wenn Sie früh tätig werden, können Ihnen unter Umständen unangenehme Situationen wie eine Hausdurchsuchung oder Verhaftung erspart bleiben.

    Eine erfolgreiche Verteidigung beginnt meist zum frühestmöglichen Zeitpunkt, da der Strafverteidiger in diesem Fall mehr Zeit hat, sich in Ihren Fall einzuarbeiten und auf das Strafverfahren Einfluss zu nehmen. Eine effektive Verteidigung verfolgt das Ziel, das Strafverfahren abzuwenden oder einen Freispruch zu erreichen.

    Hinzu kommt, dass Sie Ihren Strafverteidiger kennenlernen, bevor es ernst wird. Gerade bei schweren Eingriffen in Ihre Integrität, wie eine Hausdurchsuchung oder die Untersuchungshaft, wissen Sie, an wen Sie sich wenden müssen und dass Sie in guten Händen sind. So haben Sie immer einen direkten Ansprechpartner, dem Sie vertrauen können. Das allein kann Ihnen im Zweifel eine große Last von den Schultern nehmen.

    Fazit

    Wenn Sie einer Straftat beschuldigt werden, sollten Sie zunächst einmal tief durchatmen und Ruhe bewahren. Nehmen Sie die Vorwürfe aber nicht auf die leichte Schulter, auch dann nicht, wenn Sie wissen, dass Sie unschuldig sind.

    Je nachdem, welche Straftat Ihnen vorgeworfen wird, droht eine langjährige Freiheitsstrafe oder eine hohe Geldstrafe. Um die Strafe so gering wie möglich zu halten oder gar einen Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens zu erzielen, sollten Betroffene schnellstmöglich einen Strafverteidiger hinzuziehen. So können Fehler vermieden und aktiv Einfluss auf den Strafprozess genommen werden.

    Eine professionelle Strafverteidigung beginnt mit einem umfassenden Beratungsgespräch: Ihr Anwalt wird Sie nach bestem Wissen und Gewissen beraten und Ihnen während dieser unangenehmen Zeit zur Seite stehen. Ihr Strafverteidiger ist dabei stets dem Interesse seines Mandanten verpflichtet und arbeitet gezielt auf einen Freispruch, eine Einstellung oder die Abmilderung der Strafe hin.

    Durch unsere langjährige Erfahrung als Strafverteidiger konnten wir viele Mandanten beraten und vor Gericht sowie außergerichtlich vertreten. Gerne unterstützen wir auch Sie in Ihrem individuellen Fall. Kommen Sie für ein unverbindliches Erstgespräch jederzeit auf uns zu.

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